Seit dem 01. Februar 1995 bietet die Frauenberatung Verden Schwangerschaftskonfliktberatung an.
Mit der Neuregelung des § 218 Am 25. August 1995 trat das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz in Kraft.
Seit dem 01. Januar 1996 gilt:
Ein Schwangerschaftsabbruch ist rechtswidrig, bleibt aber straffrei wenn
- die Schwangerschaft innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird
- die schwangere Person den Abbruch verlangt und
- sie dem Arzt durch die Bescheinigung einer anerkannten Beratungsstelle eine mindestens drei Tage zurückliegende Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 219 StGB nachgewiesen hat.
Die Rechtswidrigkeit eines Abbruchs ist ausgeschlossen, wenn eine Indikation vorliegt. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer medizinischen und einer kriminologischen Indikation.
Im Falle der medizinischen Indikation (§ 218 a Abs. 2 StGB) kann eine Schwangerschaft ohne zeitliche Begrenzung abgebrochen werden, wenn unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse für die Frau* Lebensgefahr besteht oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der schwangeren Person zu erwarten ist.
Eine kriminologische Indikation (§218a Abs. 3 StGB) liegt vor, wenn die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt (§§ 176 bis 179 StGB) beruht. Bei beiden Indikationen müssen die Voraussetzungen nach ärztlicher Erkenntnis vorliegen. Da im Fall einer Indikation der Abbruch nicht rechtswidrig ist, übernehmen die Krankenkassen die Kosten des Abbruchs.
Eine embryopatische Indikation, bei der eine Fortsetzung der Schwangerschaft wegen zu erwartender schwerwiegender gesundheitlicher Schäden des Kindes unzumutbar ist, sieht das neue Recht im Gegensatz zum bisherigen nicht mehr vor.
Beratungspflicht
Die Beratungspflicht vor einem Schwangerschaftsabbruch ist auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts schon seit dem 16. Juni 1993 geltendes Recht. Die Rechtsgrundlagen für die Beratung sind das Strafgesetzbuch § 219 und das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten §§1 bis 11. Wenn ein schwangere Person einen Schwangerschaftsabbruch erwägt, muss sie sich bei einer nach dem Gesetz anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein ungeborenes menschliches Leben in der Frühphase der Schwangerschaft nur mit der Frau* und nicht gegen sie* zu schützen ist.
§ 5 Absatz 1:„Die nach § 219 des Strafgesetzbuches notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.”
Die Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch ist vertraulich und unentgeltlich.
Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs
Die Kosten für einen Abbruch, dem keine Indikation zugrunde liegt, muss die Frau* selbst tragen. In den Fällen, in denen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten des Schwangerschaftsabbruchs nicht übernehmen, haben Personen in schwieriger wirtschaftlicher Lage Anspruch auf Leistungen nach dem "Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen".
Nach dem Gesetz ist die finanzielle Bedürftigkeit Voraussetzung für die Leistungsgewährung. Als bedürftig gelten Frauen*, deren verfügbares persönliches Nettoeinkommen zur Zeit 1258,- € im Monat nicht übersteigt und denen auch persönlich kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung steht. Für jedes in ihrem Haus lebende minderjährige Kind, dem die betroffene Frau unterhaltspflichtig ist, erhöht sich der Betrag um 298,- €. Die Kosten für Unterkunft (wie z.B. Miete) für sie* und ihre Kinder, die über 368,- € hinausgehen, erhöhen die Einkommensgrenze ebenfalls, höchstens jedoch um 368,- €. Das Einkommen des Kindesvaters wird nicht mit berücksichtigt.
Die Schwangerschaftskonfliktberatung
Jede ungewollt schwangere Person, die zu uns in die Beratung kommt, erhält den für einen Schwangerschaftsabbruch erforderlichen Beratungsschein und alle notwendigen Informationen über den Abbruch und Abbruchmöglichkeiten vor Ort. Beratungsinhalte sind auch Fragen zur Verhütung und Familienplanung.
Eine ungewollte Schwangerschaft bedeutet oft eine emotionale und soziale Krisensituation. In einer entspannten Atmosphäre unterstützen wir dabei, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig bietet das vertrauliche Beratungsgespräch die Möglichkeit, persönlichen Gefühle und Gedanken offen auszusprechen.
Der oder die (Ehe-)Partner*in, ein*e Freund*in oder ein*e Familienangehörige*r kann zur Beratung mitgebracht werden. Wir bieten Paaren, die durch eine Schwangerschaft in eine Krise geraten sind, Gespräche und Vermittlung an.
Forderungen
- Die im deutschen Strafgesetzbuch verankerten Maßnahmen gegen Frauen*, die auf eigenen Wunsch ihre Schwangerschaft abbrechen lassen, sind zu streichen.
- Ein ungehinderter und straffreier Zugang zu qualifizierter Gesundheitsversorgung und medizinischen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs muss auch ohne verpflichtende Beratung für alle Menschen gewährleistet sein.
- Der Zugang zu Methoden und Einrichtungen für den Schwangerschaftsabbruch muss unabhängig von den individuellen finanziellen Ressourcen gewährleistet werden.
- Ärzt*innen und medizinisches Personal dürfen nicht mit Strafe bedroht werden, wenn sie auf Wunsch der ungewollt schwangeren Person einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen.
- Gute medizinische Versorgung und Beratung bei Schwangerschaftsabbrüchen in der fortgeschrittenen Schwangerschaft muss gewährleistet sein.
- Der Schwangerschaftsabbruch sollte Teil der gynäkologischen Ausbildung werden.
- Jegliche Art von gesellschaftlicher oder sozialer Stigmatisierung von Personen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, ist aufzudecken und zu unterbinden.
Die Frauenberatung Verden schließt sich ebenfalls den Forderungen von pro familia aus dem Hintergrundpapier "Schwangerschaftsabbruch, Fakten und Hintergründe" www.profamilia.de/publikationen an.