Pressemitteilung der Frauenberatung Verden anlässlich des bundesweiten Aktionstages zum Safe Abortion Day am 28.9.2020
Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung!
Grundversorgung - Egal Wo
Schwangerschaftsabbrüche müssen flächendeckend verfügbar sein. Im Landkreis Verden ist bis heute kein medikamentöser Abbruch möglich. Instrumentelle Abbrüche sind nur im Krankenhaus möglich, nicht selten wird es knapp für Schwangere, einen Termin zu bekommen. Es muss sichergestellt werden, dass überall qualifiziertes medizinisches Fachpersonal vor Ort ist. Als Standardeingriff muss der Schwangerschaftsabbruch daher auch grundlegender Bestandteil von Lehre und Forschung sein. Behandelnde Ärzt*innen brauchen unverzüglich Rechtssicherheit statt Kriminalisierung. Wir solidarisieren uns mit unseren Mitstreiter*innen der Pro-Choice-Bewegung, die weltweit für reproduktive Rechte auf die Straße gehen. Sei es in Niederbayern, Warschau oder anderswo.
Grundversorgung - Egal Wer
Alle Schwangeren müssen das Recht auf und den Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch haben. Weder Alter, sozialer Status, Be_hinderung, Weltanschauung,
rassistische Zuschreibungen, Aufenthaltsstatus, Sexualität oder Geschlechtsidentität dürfen dabei eine Rolle spielen. Deshalb muss der Schwangerschaftsabbruch eine Krankenkassenleistung werden, statt die finanzielle Last den ungewollt Schwangeren zuzumuten. Körperliche Selbstbestimmung ist ein grundlegendes Menschenrecht und muss daher genauso umfassend für Menschen, die schwanger werden können, gelten, wie für alle anderen auch!
Grundversorgung - Egal warum
Die Gründe, warum Menschen eine Schwangerschaft beenden möchten, sind vielfältig und die Entscheidung ist persönlich. Gesellschaftliche Moralvorstellungen, der Beratungszwang und die Kriminalisierung im Strafgesetz bauen einen großen Druck für Betroffene auf. Wir fordern, dass Schwangere endlich als zurechnungsfähig anerkannt werden und selbstbestimmt über ihre Körper entscheiden können. Schluss mit Kriminalisierung und Zwangsberatung!
Einordnung in Corona-Krise
Während der Corona-Krise zeigte sich, dass es vor allem Frauen* sind, die systemrelevante Arbeit übernehmen. Ob bezahlt in der Pflege, Reinigung oder im Supermarkt oder mit unbezahlter Sorgearbeitin der Familie –Frauen* bringen uns durch die Krise. Umso schlimmer, dass sie dafür nicht ausreichend entlohnt und bei Problemen wie ungewollter Schwangerschaft allein gelassen werden. Die Corona-Krise hat den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen massiv erschwert. Wir brauchen eine krisenfeste und solidarische Gesundheitsversorgung für Alle - und dazu gehört der Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch!
Unsere regionalen Antworten auf die Forderungen der bundesweiten Pro-Choice-Gruppen
Wir brauchen
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eine niedrigschwellige Aufklärung über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte: diese bieten die sexualpädagogischen Fachkräfte der Frauenberatung für den gesamten LK Verden an
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einen besseren Zugang zu Verhütungsmethoden insbesondere über die Finanzierung durch Krankenkassen: die Kostenübernahme durch den LK Verden ist eine gute Übergangslösung, aber kein Dauerzustand – eine bundesweite Lösung muss her
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öffentlich geförderte Angebote einer freiwilligen, neutralen und leicht zugänglichen Schwangerschaftskonfliktberatung: diese machen wir als Frauenberatung Verden e.V. gerne für alle Schwangeren - der Zwangskontext sollte jedoch wegfallen
Quelle und weitere Infos: https://safeabortionday.noblogs.org/
vorherige Mitteilungen zum Thema:
Es ist noch nicht geschafft ... Sexuelle und reproduktive Rechte von Frauen und Informationsfreiheit über den Schwangerschaft in Deutschland realisieren
Deutschland kann im internationalen Vergleich bei der Realisierung der sexuellen und reproduktiven Rechte immer weniger mithalten, wie aus den Berichten der CEDAW Kommission hervorgeht. Weltweit gelten in vielen Ländern Schwangerschaftsabbrüche längst nicht mehr als Straftaten. Zuletzt entkriminalisierte Neuseeland im März 2020 den Schwangerschaftsabbruch.
Auch der AKF setzt sich für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches ein. Die entsprechende Pressemitteilung finden Sie hier.
Auch das bundesweite Pro Choice Bündnis ruft dazu aus, zum Safe Abortion Day am 28. September 2020 vielfältige Aktionen zu organisieren. Warum? Alle Infos finden Sie hier und auf der Internetseite zum Safe Abortion Day 2020
UN-Menschenrechtskommisariat rügt Bundesregierung für mangelnde Umsetzung des CEDAW-Abkommen in Bezug auf ungewollte Schwangerschaft
Nachdem wir den Bericht zur aktuellen Situation der reproduktiven Rechte in Deutschland des Bündnis Pro Choice Deutschland unterstützt haben ist dieser auch an das UN-Menschenrechtskommisariat versendet worden. Der CEDAW-Ausschuss des Menschenrechtskommisariatskritisiert, dass eine menschenrechtskonforme gesetzliche und institutionelle Ausgestaltung im Bereich reproduktiver Rechte, Entkriminalisierung und Entstigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie adäquate gesundheitliche Versorgung von Frauen in Deutschland bisher nicht gegeben sind.
Damit ist Deutschland in Bezug auf reproduktive Rechte rückständig. Besonders der Fakt, dass das Bundesjustizministerium und das Bundesfamilienministerium die Verantwortung für diese Begebenheit hin und her schieben ist Ausdruck der fehlenden Motivation, die Situation von ungewollt Schwangeren in Deutschland zu verbessern bzw. die ratifizierte CEDAW-Kommission in Deutschland umzusetzen.
Den kompletten Artikel der taz zum Thema finden Sie hier.
Die Frauenberatung Verden unterstützt den CEDAW-Alternativbericht vom Bündnis Pro Choice Deutschland
Wie auch 66 offiziell unterzeichnende zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt auch die Frauenberatung Verden den Bericht zur aktuellen Situation der reproduktiven Rechte in Deutschland. Die German Alliance for Choice (GAfC) hat diesen Bericht beim zuständigen UN-Ausschuss für die Umsetzung der UN Frauenrechtskonvention (CEDAW) in Genf eingereicht, um internationalen Druck auf die Bundesregierung auszuüben. Der Bericht beschreibt, welche weitreichenden Folgen für Frauen die Tatsache hat, dass die rechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch angesiedelt sind. Dies hat massive Auswirkungen auf die Möglichkeit, sich zum Schwangerschaftsabbruch zu informieren sowie auf das Procedere vor einem Schwangerschaftsabbruch.
Der Bericht verweist zudem auf eine zunehmende Verschärfung der ärztlichen Versorgungslage. Diese trifft Frauen in ländlichen oder katholisch geprägten Regionen wie beispielsweise im Landkreis Verden besonders hart. Zudem fehlen evidenzbasierte Leitlinien und medizinische Qualitätsstandards zum Schwangerschaftsabbruch, sodass die Qualität der gesundheitlichen Versorgung von Frauen nicht gesichert ist. Schließlich ist die Behandlung des Themas Schwangerschaftsabbruch in der Mediziner*innenausbildung nicht gewährleistet.Die GAfC kommt zu dem Schluss, dass die benannten Defizite zu einer anhaltenden Verletzung der international verbrieften Rechte aller Frauen in Deutschland führen. Dabei hat sich die Bundesregierung mit der Ratifizierung von CEDAW im Jahr 1985 verpflichtet, die international verbrieften Rechte von Frauen zu respektieren, zu schützen und sie zu gewährleisten, betont die GAfC.Diesen Verpflichtungen sei die Bundesregierung bisher nicht nachgekommen. So seien die letzten Empfehlungen des CEDAW-Ausschuss von 2017 nicht umgesetzt worden: Sicherung des Zugangs zu Verhütungsmitteln für Frauen in prekärer wirtschaftlicher Situation, Sicherung des Zugangs zu von der Krankenversicherung bezahlten Schwangerschaftsabbrüchen sowie die Abschaffung der Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch und der vorgeschriebenen Wartezeit.
Durch den GAfC-Bericht soll im anstehenden Dialog zwischen dem CEDAW-Ausschuss und der Bundesregierung angestoßen werden, was bisher nicht erreicht ist: eine menschenrechtskonforme gesetzliche und institutionelle Ausgestaltung im Bereich reproduktiver Rechte, Entkriminalisierung und Entstigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie adäquate gesundheitliche Versorgung von Frauen.
Die Pressemitteilung des Bündnis Pro Choice Deutschland / GAfC inklusive Kurzzusammenfassung des Berichts finden Sie hier.
Den ganzen Bericht können Sie hier ebenfalls lesen.
Offener Brief des AKF: Listen zum Schwangerschaftsabbruch sind keine Lösung
Vor vier Monaten hat der Deutsche Bundestag den § 219a des Strafgesetzbuches geändert. Nun ist es Ärzt*innen erlaubt, auf ihren Webseiten anzugeben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Weitergehende Informationen über die rechtliche Lage, die Methoden und Kosten des Schwangerschaftsabbruchs, sind ihnen nicht straffrei möglich. Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben den gesetzlichen Auftrag erhalten, Listen zu führen, die ausweisen sollen, welche Ärzt*innen und medizinische Einrichtungen Schwangerschaftsabbrüche nach §13 Abs.3 Schwangerschaftskonfliktgesetz vornehmen. Die nun veröffentlichten Listen beruhen auf freiwilligen Meldungen von Ärzt*innen, sie sind demnach jedoch lückenhaft und erfüllen keineswegs die Forderung nach Informationsfreiheit bezüglich aller relevanter Informationen rund um Schwangerschaftsabbrüche.
Wir sind der Meinung: Eine solche Liste kann nicht die Lösung sein. Der §219a gehört abgeschafft, Ärzt*innen muss es möglich sein, alle Informationen zu den durch Sie angebotenen Eingriffen und Gesundheitsleistungen zu benennen und ausführliche Informationen zum Schwangerschaftsabbruch straffrei zur Verfügung zu stellen.
Alle Infos im Offenen Brief des Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) und unter https://www.arbeitskreis-frauengesundheit.de/2019/08/02/listen-mit-aerztinnen-die-schwangerschaftsabbrueche-vornehmen-publiziert-der-arbeitskreis-frauengesundheit-kritisiert-die-lueckenhaftigkeit-und-reglementierung-der-informationen-und-fordert-weiter/
Neues in der Diskussion um §219a - kein Kompromiss!
Mit dem Kompromiss vom Jahresanfang geben wir uns nicht zufrieden. Der Diskussion um Paragraph 219a wird weitergeführt!
Das Frankfurter Oberlandesgericht hat das Urteil gegen die Frauenärztin Kristina Hänel aufgehoben. Ist dies ein Grund zur Freude oder der Anfang einer neuen Runde in diesem Rechtsstreit?
Einige Zeit nach der Gesetzesänderung wird deutlich, dass erneut Ärzt*innen angezeigt werden und von Informationsfreiheit keine Rede sein kann. Der Kreis-Frauen-Rat Verden fordert daher (weiterhin) die Streichung des Paragraphen 219a.
Mögliche psychische Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen?
Zum Anlass von Jens Spahns Forschungsvorhabens zu den möglichen psychischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen hat der AKF folgendendes Fachgespräch als Positionierung veröffentlicht. Wir unterstützen dieses und fordern, dass die Forschungsgelder statt dessen in dringend benötigte Forschung zu vorhandenen und möglichen neuen Verhütungsmitteln, zu den Folgen der Stigmatisierung von Frauen die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen sowie in die Unterstützungsstrukturen von ungewollt Schwangeren und Familien fließen sollten.
Fachgespräch AKF Schwangerschaftsabbruch
Perspektiven auf Informationen zum Schwangerschaftsabbruch
Karin Bergdoll, aktiv in der Frauengesundheitsbewegung, geht darauf ein, wie Frauen* zu Informationen kamen, bevor der Schwangerschaftsabbruch in der Bundesrepublik Deutschland straffrei wurde. Sie erzählt, wie die Frauengesundheitsbewegung Veränderungen erkämpft hat. #wegmit219a!